Als mir klar wurde: Das war psychische Gewalt
- Simone Kunze
- 30. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Ich war schon fast drei Jahre getrennt.
In meinem Umfeld fiel öfter mal der Begriff:
„Er ist ein Narzisst.“
Ich habe mir dabei nicht viel gedacht. Für mich bedeutete das damals einfach:
Okay, er ist halt ein Egoist.
Erst viel später kam der Wendepunkt.
Ich war bei einem Vorgespräch bei der Therapeutin meines Sohnes.
Sie wollte mehr über unsere Familiensituation erfahren – und ich erzählte.
Ich erzählte, wie ich immer versuchte, Ordnung, Regeln, Struktur in unser Leben zu bringen –während er uns immer wieder an den Rand des finanziellen Ruins brachte.
Ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne Verantwortung.
Ohne jede Bereitschaft, die Vaterrolle wirklich zu leben.
Bei ihm gab es keine Grenzen. Keine Regeln.
Stattdessen immer wieder dieselbe Aussage: „Unser Sohn wollte das doch so.“
Doch wer ist hier das Kind – und wer der Elternteil?
Ich berichtete, dass ich irgendwann mit meinem Sohn ausgezogen bin.
Dass er die Schule wechselte.
Dass ich alles allein organisiert habe.
Sie sah mich an und fragte: „Haben Sie das ohne Hilfe geschafft?“
Ich zuckte mit den Schultern: „Ja… also, ich hatte Hilfe beim Einrichten der Wohnung.“
Aber darauf wollte sie gar nicht hinaus.
Dann sagte sie diesen Satz:
„Ihr Expartner ist ein Narzisst. Sich aus so einer Beziehung zu lösen – das ist eine enorme Leistung.“
Ich war überrascht. Natürlich war die Trennung schwer – aber war das wirklich etwas Besonderes?
Erst Monate später, gab ich zum ersten Mal bei YouTube den Begriff
„Opfer von Narzissten“ ein.
Und dann ging es los: Video um Video, Beitrag um Beitrag – ich erkannte plötzlich das ganze Ausmaß.
Ich verstand, wie gefährlich und zerstörerisch solche Beziehungen sind.
Und auf einmal war sie da:
Die Angst.
Ich musste begreifen:
Ich war Opfer psychischer Gewalt.
Was mir passiert ist, war nicht normal.
Es war ein Schock –aber gleichzeitig eine Erleichterung.
Denn zum ersten Mal dachte ich:
„Hey, du bist nicht verrückt. Du bist nicht schwach. Du bist nicht schuld. Deine Realität stimmt.“
Und ich erkannte noch etwas: Unterbewusst hatte ich meinen Auszug lange geplant.
Ich erzählte ihm nichts. Ich plante alles heimlich.
Ich richtete meine Wohnung ein –und dann ging ich. Einfach so.
Und das war genau richtig.
Aber ich war nicht ganz allein.
Seit vielen Jahren begleitet mich meine beste Freundin. Sie ist Heilpraktikerin für Psychotherapie – und ein absoluter Herzensmensch.
Sie war immer an meiner Seite. Sie hat mich in all den schwierigen Situationen bestärkt, gestützt, mir neue Impulse gegeben –mich immer wieder daran erinnert, wer ich bin.
Ohne sie wäre ich nicht gegangen.
Und trotzdem – auch sie hat lange nicht erkannt, was hier wirklich passiert. Dass mein Ex ein Narzisst ist.
Und das zeigt, wie subtil und wie perfide diese Form der Gewalt ist.
So viele Opfer leben in einem unsichtbaren Gefängnis –und selbst nahestehende Menschen oder Fachleute können es oft nicht benennen.
Heute weiß ich: Narzisstischer Missbrauch ist emotionale Gewalt.
Wenn du das hier liest und dir denkst: „Das könnte auch meine Geschichte sein“, dann hör auf dein Gefühl.
Psychische Gewalt ist real. Du bist nicht empfindlich. Du bist nicht übertrieben. Du bist nicht schuld.
Du hast das Recht auf ein Leben ohne Angst, ohne Verwirrung, ohne ständiges Kleinmachen.
Ein Leben in Sicherheit.
Ein Leben, in dem du wieder DU selbst sein darfst.
Und falls du dich gerade fragst, ob du da jemals wieder rauskommst –ich bin den Weg gegangen.
Und du kannst es auch.
Du musst es nicht allein tun.
Es gibt Hilfe. Und es gibt ein Danach.

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